Serie (15): Der Grund und Boden


Das ist kein Klischee: „Bauern kleben an ihrer Scholle“, ist Fritz Wolf vom Landwirtschaftlichen Beratungsdienst überzeugt. Gemeinsam mit seinen Kollegen betreut der Agraringenieur Landwirte, die sich der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall angeschlossen haben und nach den Erzeugerrichtlinien für Schwäbisch-Hällisches Qualitätschweinefleisch g.g.A. (geschützte geografische Angabe) wirtschaften. Diese schreiben vor, dass 80 Prozent des Futters der Tiere vom eigenen Hof oder mindestens aus Baden-Württemberg stammen müssen.

 

Im Unterschied zum Osten Deutschlands sind die Höfe in Baden-Württemberg jedoch meist relativ klein, die landwirtschaftlich nutzbare Fläche beträgt im Land durchschnittlich rund 8,5 Hektar (Mecklenburg-Vorpommern 285,3 Hektar, Sachsen-Anhalt 279,2 Hektar, Brandenburg 243,3 Hektar). Grund und Boden sind in wirtschaftlich prosperierenden Gegenden ein zunehmend knappes Gut. Das macht der Flächenverbrauch deutlich. Er umschreibt die Umwidmung von vormals naturnaher land- und forstwirtschaftlich genutzter Fläche zu siedlungsbezogener Nutzung – ein Prozess, der meist nicht umkehrbar ist.

 

Der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der gesamten Bodenfläche hat sich im letzten Jahr weiter vergrößert. Das Amtliche Liegenschaftskataster weist in Baden-Württemberg zwar mit 85 Prozent der Bodenfläche nach wie vor den weitaus größten Teil den Nutzungsarten Landwirtschafts-, Wald- und Wasserfläche zu, die Siedlungs- und Verkehrsfläche kommt aber zwischenzeitlich auf einen Anteil von 14,3 Prozent an der gesamten Landesfläche (Stand 31. Dezember 2012). Ende der 1980er Jahre lag der Vergleichswert noch unter 12 Prozent.

 

Für Industriegebiete, Wohnsiedlungen und neue Straßen zahlen vor allem die Bauern also einen hohen Preis. Konkurrenz erwächst ihnen auch durch Anbau von Energiepflanzen wie Mais, die in Biogasanlagen verarbeitet werden. Fritz Wolf rechnet vor: „In einer Veredelungsregion wie Hohenlohe zahlt ein Landwirt für einen Hektar Fläche rund 800 Euro Pacht im Jahr.“ Der durchschnittliche Ertrag von Futterweizen pro Hektar liegt bei rund 80 Dezitonnen. Bei einem Preis von 13,98 Euro pro Dezitonne erzielt ein Bauer also 1116 Euro pro Hektar – gerade mal 316 Euro mehr, als er Pacht für die Fläche bezahlt. Dafür arbeitet ein Landwirt rund 2500 bis 3000 Stunden pro Jahr. Zum Vergleich: Ein Arbeiter kommt auf eine durchschnittliche Arbeitszeit von 1700 Stunden pro Jahr.

 

Fritz Wolf kann verstehen, dass manche Bauern frustriert sind: „Unsere Landwirte erzeugen für vergleichsweise wenig Geld gute Lebensmittel. Es ist schlimm, dass die Wertschätzung für ihre Arbeit verloren gegangen ist.“ Da sollte sich jeder Verbraucher an die eigene Nase fassen.


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