Wilhelma schließt Schaubauernhof


Fast so exotisch wie Bären oder Giraffen sind für den Stadtmenschen von heute unsere Haustiere und deren Vorfahren. Daher können Kinder auf dem Schaubauernhof in der Stuttgarter Wilhelma Tiere sehen, die bei der Entwicklung der Haustiere aus ihren Vorfahren, den Wildtieren eine wichtige Rolle gespielt haben oder spielen. Noch, denn in drei Jahren muss der Schaubauernhof weichen.

 

Statt auf heimische Haustierrassen setzt die Wilhelma künftig auf ihr Wappentier und Asien: In einer Elefantenwelt für bis zu 14 Tiere will der Stuttgarter Zoo in einigen Jahren eine asiatische Zuchtherde halten. „Der Schaubauernhof kann wegen des Flächenbedarfs für die Asienanlage nicht in seiner jetzigen Form bestehen bleiben“, lässt Direktor Thomas Kölpin verlauten. Die betroffenen Tiere würden zur Zucht an andere Parks vermittelt.

 

Der Schaubauernhof war 1993 zur Internationalen Gartenbauausstellung eröffnet worden. Bei der Auswahl des Tierbestandes konzentrierte man sich auf stark bedrohte Haustierrassen wie die Bezoarziege, das Bankivahuhn, das Przewalski-Pferd, das Limpurger Rind oder das Schwäbisch-Hällische Schwein. Die drei Sauen Arielle, Amina und Analia sind mit Eber Porsche eine besondere Attraktion auf dem Schaubauernhof – vor allem, wenn Nachwuchs zu sehen ist. Derzeit tummeln sich fünf männliche und sechs weibliche Ferkel im Stroh.

 

Die Schweine mit den dunklen Köpfen wie Hinterteilen und die Wilhelma haben zudem eine besondere Beziehung: Beide verdanken ihre Existenz König Wilhelm I. von Württemberg. Der Regent, der sich die extravagante Residenz am Neckar erbauen ließ, hatte um 1820 chinesische Maskenschweine aus England mit Landschweinen kreuzen lassen, um die heimische Viehzucht zu stärken. Die Nachkömmlinge erwiesen sich als robust, genügsam und fruchtbar. Da sie zudem gut schmeckten, avancierten die Schwäbischen-Hällischen Schweine zur häufigsten Rasse im Land.

Rudolf Bühler aus Wolpertshausen hat die alte Landrasse vor dem Aussterben bewahrt und ihre Zucht zu neuer Blüte geführt. Der Bio-Landwirt kann die Entscheidung ganz und gar nicht nachvollziehen. „Vor gut 20 Jahren hat sich die damalige Wilhelma-Leitung in vorbildlicher Art und Weise zur Aufgabe gemacht, seltene heimische Haustierrassen in artgerechter Haltung auszustellen, um damit einen wertvollen Beitrag zur Umweltbildung und Sicherung der Biodiversität zu leisten“, sagt der Mann, der als Retter des Schwäbisch-Hällischen Schweins gilt. Für ihn gilt: „Offensichtlich soll hier die fortschrittliche Zoopädagogik mit Umwelt- und Biodiversitätsthemen einer puren Show von Exoten hinter Gittern weichen.“

 

Auch Besucher der Wilhelma kritisieren in Leserbriefen der Stuttgarter Nachrichten die Entscheidung. Gert Henne aus Waiblinen schreibt: „Unsere Kindere und Enkel wissen dann zwar, wie es in der großen Tierwelt aussieht, aber was in heimischen Ställen wohnt und regionaltypisch bei uns ,auf den Tisch kommt’, kennen sie nicht.“ Heinecke Werner aus Kirchheim Teck hält die Pläne für „verhängnisvoll“ und meint: „Den Trend hin zur Abschaffung einer uralten Kultur des hautnahen Umgangs mit unseren Haustieren können nur die Schauhöfe rückgängig machen.“ Familie Henselmeyer aus Fellbach sieht in dem Schritt „einen großen Fehler“ und schreibt weiter: „Der Schaubauernhof mit seinen heimischen Tieren ist besonders bei Familien mit Kindern beliebt, und die machen doch einen Großteil der Besucher der Wilhelma aus.“

 

Für Henselmeyers und andere Familien noch ein Tipp: Im Hohenloher Freilandmuseum in Wackershofen sind Schwäbisch-Hällischen Schweine und ihre hübschen Ferkel auch künftig zu sehen – ein Besuch in Hohenlohe lohnt sich!

 

www.wilhelma.de

www.wackershofen.de

 

Foto: Wilhelma Stuttgart

 


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