Beim Schlachtfest


Der Metzger nimmt den Bolzen, setzt einen Schuss, und das Schwein fällt zur Seite. Mit einem Stich in die Halsschlagader entzieht er dem Tier das Blut, das in einer Schüssel aufgefangen und später zu Würsten verarbeitet wird. So beginnt eine Hausschlachtung, die viele als barbarisch empfinden.

 

Der Vorgang des Schlachtens spielt im Leben der meisten Menschen heute keine Rolle mehr. Wir essen zwar viel mehr Fleisch und Wurst als früher. Die industriellen Mastanlagen und riesigen Schlachthöfe aber sind Sperrzonen, die vor neugierigen Blicken geschützt sind. Doch hinschauen will ohnehin kaum jemand. Warum auch. Filet, Kotelett und Schnitzel liegen bereits fertig zugeschnitten in der Metzgerei oder zunehmend abgepackt und eingeschweißt in den Kühltheken der Supermärkte. Und der große Rest? Der wandert bestenfalls in die Wurst oder ins Haustierfutter.

 

Eine Hausschlachtung könnte Verbrauchern die Augen öffnen und Wertschätzung lehren. Denn ein Schwein besteht aus mehr als Filet, Braten oder Kotelett. Bei Schlachtfesten, wie sie im Spätherbst im Freilandmuseum Wackershofen stattfinden – hier entstand unser Foto –, wird die Tradition wieder lebendig. Hier werden Verbraucher zu Zeugen, wie das Lebensmittel Fleisch gewonnen wird. Das tote Tier wird zunächst gebrüht, dann werden die Borsten abgekratzt. Der Schlachter weidet das dann hängende Schwein aus, entnimmt ihm die Innereien wie Herz, Lunge, Leber und die Därme. Anschließend spaltet er den Tierkörper der Länge nach und lässt ihn samt der Organe von einem Tierarzt oder amtlichen Fleischbeschauer prüfen. Gibt es keine Beanstandung, wird das geschlachtete Tier mit einem Stempel versehen.

 

Jetzt beginnt viel Handarbeit für alle, die an der Hausschlachtung mitwirken. Der Speck wird vom Fleisch gelöst, der Rückenspeck abgeschwartet, die Därme und der Magen werden gründlich gereinigt. Das Fleisch für die Kochwurst und die Schwarten wird gewaschen und im großen Kessel etwa eine Stunde gegart. Der Speck wird geschnitten und zu Schmalz ausgelassen – zu früheren Zeiten eines der wichtigsten Erzeugnisse vom Schwein.

 

Nun sind etwa zwei Stunden  vergangen, Zeit für eine Pause. Zum Schlachtfest oder zur Metzelsuppe, wie man bisweilen sagt, gibt’s im Kessel gegartes mageres Fleisch vom Kopf oder fetteres vom Bauch, Nieren und Herz, dazu Brot oder Sauerkraut sowie Most oder Bier.

 

Zwei weitere Stunden dauert es, bis die Fleischstücke in Wurstfleisch und Frischfleisch eingeteilt sind, das Wurstfleisch gewolft sowie das Brät für die Leber-, Blut- und Presswürste gemacht und in die Därme gefüllt ist. Am Ende zerlegt der Metzger das Fleisch in die gewünschten Teilstücke wie Filet, Braten oder Kotelett.

 

So gut wie nichts kommt in den Abfall – außer den Borsten, Zähnen und Klauen wird alles gut verwertet. Diesen Respekt sind wir dem Schwein schuldig, das für uns geschlachtet wurde.


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Kommentare



  • Udo am Freitag, 13 November 2015

    Ich kenne sie noch gut, die Hausschlachtungen. Meine erste durfte ich 1968 auf der Alb in Bernstadt als Aktivist mitmachen: Als Motor des manuellen Fleischwolfes. Es war dennoch ein interessantes Erlebnis. Und es ist richtig: Respekt ist man den Tieren schuldig.
    Später kaufte ich mehrfach Schweine (und Lämmer) und liess sie im Sinne der Hausschlachtung von einem Metzger verarbeiten - immer dabei als Helfer.