Beim Weidetrieb


Ein großer Tag für Stefan Brenners Schwäbisch-Hällische Schweine: Heute kommen die Tiere auf die Weide. Bei diesem Spaß ist die ganze Familie dabei. Zum Glück, denn der junge Bauer braucht bei dem Trieb tatkräftige Unterstützung.

 

Hinter den sieben großen Holzhütten, den mit Stroh eingestreuten Schlafplätzen entlang führt der Weg vom Stall hinaus. Die ersten Schweine trippeln voraus, andere folgen vorsichtig, eines dreht auch schon mal um und läuft zurück. Jutta Schenk versucht die Tiere mit beruhigenden Lauten zu locken – und das scheint zu wirken. Nach und nach tauchen immer mehr Schwarzweiße im Freien auf und lassen sich Stefan Brenner in Richtung Weide treiben. Fünf Monate alt sind die 41, 60 bis 70 Kilogramm schweren Schweine, die nun zum ersten Mal in ihrem Leben die große Freiheit schmecken: Auf der zehn Hektar großen Weide – halb Wiese, halb Wald – nahe Ellwangen werden sie den Sommer verbringen.

 

Seit 2013 konzentriert sich der junge Landwirt (37) auf die Eichelmast. 25 bis 30 Schwäbisch-Hällische Sauen stehen in seinem Stall, deren Nachwuchs ist für die Weide bestimmt. Diese besondere Art der Haltung lässt sich mit Brenners Beruf als Bautechniker gut vereinbaren. „Morgens um sechs kommen sie aus den Hütten, fressen, dann geht’s auf die Weide oder in den Wald und abends zurück in die Hütten“, beschreibt der Bauer den Tagesablauf seiner  Weideschweine. Und die Haltung ist lukrativ: Wenn die Tiere im späten Herbst geschlachtet werden, bezahlt die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall dem Landwirt 4 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht. Zum Vergleich: Für ein konventionelles Schwein bekommt ein Landwirt derzeit gerade mal 1,33 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht.

 

Das ist freilich nicht Brenners einzige Motivation. „Das Sozialverhalten der Tiere zu beobachten macht Spaß“, sagt er. Den haben auch seine Partnerin Jutta (23), Bruder Michael (42) sowie dessen Söhne Florian (14) und Jonas (12). Lachend beobachten die Brenners, wie die Schwäbisch-Hällischen ihr künftiges Zuhause erobern. Die große Weide mit dem frischen Grün scheint die Schweine aber weniger zu reizen als eine besondere Stelle nahe am Gatter. „Da war letztes Jahr eine Suhle“, zeigt Jonas dorthin, wo die Tiere mit ihrem Rüssel graben. Tatsächlich: Immer tiefer und feuchter wird das Loch, in dem sich die Schweine genüsslich suhlen. Ob sie riechen, dass hier nahe der Oberfläche Wasser ist?

 

In seine Schweineweide musste der Bauer einiges investieren. Rund zwei Kilometer lang ist der Doppelzaun, der die Weide umgibt. Doppelt, weil Schweine wie Wildschweine nicht zusammenkommen dürfen. „50 000 Euro hat das gekostet“, erzählt Brenner und fügt stolz hinzu: „Wir haben’s in Eigenleistung gemacht.“ Auf dem Hof müssen eben alle mit anpacken. Sie tun es gerne, wie man sieht. Michael Brenner („Das ist ein enormer Ausgleich für meine Arbeit“) flickt mit Hilfe von Jonas und Jutta den Zaun, der unter dem Freiheitsdrang eines Schweines schon etwas gelitten hat. Später, wenn der Elektrozaun eingeschaltet ist, wird sich das regeln. Selbst die Freiheit von Weideschweinen hat irgendwo ihre Grenzen.

 

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Stefan Brenner ist mit seiner Entscheidung zufrieden, sich den Bäuerlichen anzuschließen und Schwäbisch-Hällische Schweine zu halten: „Wir haben uns ein Stück weit dem Wahnsinn, immer nur zu wachsen, entzogen.“ Dann nimmt er eine Hefeschnecke aus der Schale, die Mutter Ruth auf den Gartentisch gestellt hat, und beißt gemüsslich hinein.


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