Loblied aufs Fett


Der Winter war nie die Zeit kalorienarmer Kost. Wenn die Temperaturen im Keller sind, verspürt der Mensch Lust auf Deftiges. Das ist biologisch sinnvoll, denn Fett ist Brennstoff- und Energielieferant. Und für Genießer zudem ein wichtiger Geschmacksträger.

 

Fett bereichert seit jeher den Speiseplan des Menschen. Greifen viele heute zu pflanzlichen Ölen aus Sonnenblumen oder Oliven, galt früher Schmalz als das Maß aller Dinge. Schweinespeck war in Mitteleuropa nämlich die wichtigste Fett- und Energiequelle in der Ernährung. Entsprechend haben Bauern die Tiere gezüchtet und gemästet. Dann haben die Bäuerinnen ihr Fett zu Schmalz ausgelassen, damit Grieben gewonnen und haltbar gemacht. Unsere (Ur-)Großeltern wussten noch, dass erst ein Löffel Schmalz Sauerkraut einen herzhaften Geschmack verleiht und Hausmacher Würste ohne Fett praktisch nach gar nichts schmecken.

 

Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs machte eine wahre Fett-Hysterie diesen Genüssen den Garaus. Nun galt mager als gesund, fett als ungesund – mit schlimmen Folgen vor allem für das Schwein, das als PSE-Fleischlieferant (pale = blass, soft = weich, exudative = wässrig) jahrzehntelang ein trauriges Dasein fristete – und oft heute noch fristet. Und mit schlimmen Folgen für Genießer, deren Schnitzel in der Pfanne schrumpfte.

 

Heute entdecken Köche und Feinschmecker das bedrohte Kulturgut und einen der wichtigsten Geschmacksträger wieder: Fett. Mit der guten Butter feiern auch Schmalz und Speck vom Schwein ein Comeback. Die Phobie vor Fettem ist im Abklingen - endlich, möchte man anmerken. Denn nicht vor allem tierisches Fett ist der Hauptauslöser von Herzkrankheiten, wie lange behauptet, es sind Zucker, Kohlenhydrate und gehärtete Pflanzenfette. Stoffe, die industriell gefertigter Nahrung bekanntlich zuhauf zugesetzt sind.

 

Das (zu Unrecht) als fett gebrandmarkte Schweinefleisch punktet übrigens auch ernährungsphysiologisch. Es ist eine wichtige Eiweißquelle. Es liefert hochwertiges, in der Zusammensetzung der Aminosäuren ausgewogenes und gut verwertbares Eiweiß. Es ist eine der wichtigsten Quellen für Vitamin B1, das für unsere körperliche und geistige Leistungsfähigkeit unabdingbar ist. Es enthält einen relativ hohen Anteil an Vitamin B2, Niacin sowie Vitamin B12, viele lebensnotwendige Mineralstoffe und Spurenelemente sowie einen vergleichsweise hohen Gehalt an Selen. Zudem wird ihm als Antioxidans eine krebshemmende Wirkung zugeschrieben.

 

Doch es geht um mehr als den Stoffwechsel. Es geht um Genuss. Ein wahres Glück, dass sich alte Landrassen wie das Schwäbisch-Hällische Landschwein mit seinem kräftig marmorierten Fleisch behaupten konnte. Hohenloher Bauern haben die heute europaweit geschützte Spezialität aus Hohenlohe vor dem Aussterben bewahrt und damit Feinschmeckern eine wahre Delikatesse, gerade jetzt im Winter.

 

Es muss ja nicht jeden Tag sein. Aber immer mal wieder...


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